Fakten und Zeitangaben zur
menschlichen Entwicklung
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Stadium 10* (Bildung von Neuralrohr und Herzröhre), 22.-23. Tag, Durchmesser des Keims: 1,5 – 3 mm
Tag 22 (1. Monat, 4. Woche)
7 – 10 Ursegmente (Somiten) sind gebildet. Der Keim hat jetzt eine längliche C- artige Form. Das Ektoderm als Vorläufer der Haut (Epidermis) überzieht das Äußere des gesamten Embryos mit Ausnahme des Bereichs der Neuralrinne. Es besteht zu diesem Zeitpunkt und bis auf weiteres als einschichtiges kubisches bis plattes Epithel und grenzt direkt an das Mesenchymgewebe.
Die Neuralrinne beginnt sich zum Neuralrohr in der späteren Halsregion im Bereich des 4. Somiten zu schließen. Der Schluß schreitet sowohl nach cranial als auch nach caudal fort. Aus einem schmalen Ektodermstreifen, welcher sich neben der Schlußstelle des Neuralrohrs befindet, werden Zellen direkt über das Neuralrohr in die Tiefe verlagert und bilden die jetzt noch plattenartige Neuralleiste. Diese liegt zwischen Neuralrohr und dem sich darüber verschließenden Körperektoderm. Aus der Neuralleiste entstehen später: pseudounipolare Ganglienzellen der Hirnnervenganglien (V, VII, IX, X), bipolare Ganglienzellen des VIII. Hirnnerven im Ganglion vestibulare und –spirale cochleae, pseudounipolare Nervenzellen (Neuronen) der sensiblen Spinalganglien, multipolare Ganglienzellen der neben der Wirbelsäule gelegenen (paravertebralen) Nervenzellansammlungen (Ganglien) des sympathischen Grenzstrangs (Truncus sympathicus), prävertebrale Ganglien im Brust- (Thorax) und Bauch- (Abdominal)bereich (Ganglia cardiaca, coeliacum, mesentericum superius et inferius), parasympathische oder in den Außenschichten der Eingeweide gelegene (intramurale) Ganglien des Darms (Plexus submucosus Meißner, Plexus myentericus Auerbach), chromaffine (sympathische) Zellen der Paraganglien (Glomus caroticum, Glomus jugulare, Glomus aorticum), Neuronen des Nebennierenmarks, periphere Gliazellen, Melanoblasten der Haut, die weichen Hirnhäute, Zahnbein bildende Zellen (Odontoblasten) und das Bindegewebe des Kopfes (Kopfmesenchym). Das erste Kopfmesenchym wird bereits jetzt durch Auswanderung von Zellen aus der Neuralleiste in die künftige Kopf- und Nackenregion gebildet. Die Anlage des späteren Gehirns besteht aus den cranialen zwei Dritteln der Neuralplatte und des Neuralrohrs bis in Höhe des 4. Somitenpaares, während das caudale Drittel des Neuralrohrs und der Neuralplatte die Anlage des Rückenmarks bildet.
In den Innenseiten der vorderen (rostralen) Neuralfalten bildet sich eine kleine Furche, der Sulcus opticus, der sich rasch vertieft, an seinem Rand erhebt und als Augenbläschen bald über das dann in diesem Bereich entstandene Vorderhirn (Prosencephalon) hinausragen wird. Die Augenblase wächst in das umliegende Mesenchym nach seitlich (lateral) vor.
Es entsteht auf jeder Seite andeutungsweise der erste Kiemenbogen = Mandibularbogen, der die Anlage von Ober- und Unterkiefer darstellt. Es lassen sich hier ein kleinerer weiter oben (rostral) gelegener Oberkieferfortsatz und ein größerer weiter unten (caudal) gelegener Unterkieferfortsatz seitlich (lateral) des sich entwickelnden Pharynx erkennen. Die paarigen Oberkiefer- und Unterkieferfortsätze gehören mit dem unpaaren Stirnfortsatz zu den 5 Gesichtsfortsätzen, die später das Gesicht bilden werden. Der Stirnfortsatz oder Stirnnasenfortsatz entsteht in der Mitte oberhalb der ektodermalen Mundbucht (= Stomadeum) und bezeichnet eine Mesenchymproliferation, die noch vor der Gehirnanlage entsteht. Alle Gesichtsfortsätze gehen naht- und furchenlos ineinander über.
Am rostralen Pol des Embryos ist eine Einsenkung im Bereich der Buccopharyngealmembran zu erkennen. Hier stößt die entodermale Mundbucht an die als Stomadeum bezeichnete ektodermale Mundbucht. Zwischen den beiden Schichten der Membran liegt kein Mesoderm.
Jetzt hat sich bereits ein einheitlicher Herzschlauch gebildet aus dem zum Kopf hin (cranial) die Anlagen der späteren ersten Kiemenbogenarterien abgehen. Nach hinten (caudal) sind 2 noch getrennte Sinus venosi für die Blutzufuhr erkennbar. Durch die Ausbildung der vorderen Grenzrinne im Zuge der Abfaltung der Keimscheibe vom Dottersack werden Herzschlauch und Perikardhöhle unter die entodermale Darmbucht nach ventral verlagert so, daß sie unter (caudal) der Rachenmembran zu finden sind. Drei paarige Venenstämme führen Blut zum embryonalen Herzen und bilden hier die gemeinsame Mündung des Sinus venosus: Dottersackvenen, Nabel- (Umbilikal)venen und Kardinalvenen. Die Dottersackvenen (Vv. omphalomesentericae) verlaufen auf beiden Seiten des Vorderdarms aufwärts, treten durch das Septum transversum und münden in den Sinus venosus. Der noch primitive Herzschlauch beginnt mit den ersten rhythmischen Kontraktionen, wodurch der Blutkreislauf und damit eine deutlich bessere Versorgung des Embryos mit Sauerstoff und Nährstoffen beginnt. Noch sind die Kontraktionen peristaltischer Natur, erst gegen Ende der 4. Woche kommen besser koordinierte Kontraktionen und ein wesentlich effektiverer Blutstrom zustande.
Aus dem intermediären Mesoderm bilden sich die Nierenanlagen, weshalb man dieses auch als Nephrotom bezeichnet. Als erstes bilden sich im Bereich der Halssegmente beiderseits die aus einzelnen Zellhaufen bestehenden Vornieren, die schon in den nächsten Tagen wieder degenerieren und beim Menschen funktionslos sind. Eine Vorniere (Pronephros) besteht aus 7 bis 10 soliden Strängen oder Kanälchen. Noch bevor die unteren ausgebildet sind, degenerieren die oberen schon wieder. Der ausgebildete Vornierengang wächst nach caudal aus durch den anschließenden Teil des Nephrotoms, welcher auch als mesonephrogener Strang bezeichnet wird, hindurch und mündet schließlich in der Kloake. Der untere Teil des Ganges bleibt als Harnleiter der nachfolgenden Nierengeneration erhalten und wird dann Urnierengang genannt, während der obere Teil im Bereich der Vorniere auch vollständig degenerieren wird.
Oberhalb der Kloakenmembran bildet sich der Geschlechtshöcker (Tuberculum genitale) der noch unspezifischen Genitalanlage, womit das Indifferenzstadium der Entwicklung der äußeren Genitalien beginnt. Direkt neben der Kloakenmembran bilden sich die vom Geschlechtshöcker bis hinter das caudale Ende der Kloakenmembran symmetrisch auf beiden Seiten erkennbaren Geschlechtsfalten (Plicae genitales), die seitlich von den Geschlechtswülsten (Tubercula labioscrotalia) umgeben werden.


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* Stadieneinteilung nach Carnegie